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Die Ernährungskrise bringt den Hunger zurück

Auf der ganzen Welt steigen die Preise für Nahrungsmittel steil an. Diese Entwicklung nahm bereits in den Pandemie-Jahren ihren Anfang. Doch seit Beginn des Ukraine-Krieges explodieren die Preise förmlich. Mit schwerwiegenden Folgen für viele Länder und insbesondere für die Ärmsten.
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Die Folgen der Ernährungskrise sind mittlerweile auf der ganzen Welt zu spüren - und treffen die benachteiligten Menschen in ärmeren Ländern am härtesten. Sie haben bereits vor der Ernährungskrise einen Grossteil ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben müssen. Wer davon leben muss, was er oder sie tagsüber auf der Strasse verdient hat, kann die Familien kaum noch ausreichend ernähren.  

Von den Preissteigerungen besonders betroffen sind Grundnahrungsmittel wie Weizen, Mais und Sonnenblumenöl. Zahlreiche Länder in Afrika, im Nahen und Mittleren Osten und in Osteuropa haben bisher einen Grossteil ihres Bedarfs mit Weizen aus Russland und/oder der Ukraine gedeckt. Doch längst werden die Preise anderer Produkte ebenfalls in die Höhe getrieben, unter anderem weil die Menschen auf andere Lebensmittel ausweichen müssen.  

Die Gründe für die aktuelle Ernährungskrise sind komplex, der Krieg in der Ukraine ist nur eine, wenn auch wichtige Ursache dafür. Die Krise hat mit unterbrochenen Handelsrouten zu tun, damit, dass viele Tonnen Weizen derzeit in der Ukraine in Silos und Häfen lagern und nicht abtransportiert werden können. Aber auch mit Exportblockaden, weil nun immer mehr Länder Grundnahrungsmittel horten oder wie China traditionell riesige Getreidevorräte einlagern. Nicht zuletzt treiben auch Spekulation und die Marktmacht globaler Grosskonzerne die Kosten von Nahrungsmitteln immer weiter in die Höhe. Weil auch die Treibstoffpreise steigen, werden Transporte verteuert. Und schliesslich ist synthetischer Dünger, der auf Erdgasbasis hergestellt wird, knapp geworden – die Preise dafür sind astronomisch. Doch weltweit ist die monokulturelle Landwirtschaft darauf angewiesen. 

Ernährungskrise - Globale Zusammenhänge

Street vendors carry a crate filled with bread in Abobo, a suburb of Abidjan, Ivory Coast. | © Keystone/AFP/Issouf Sanogo

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Aus der Ernährungskrise wird eine Hungerkrise 

Die Beispiele zeigen: Die Ernährungskrise ist eigentlich eine Preiskrise. Denn es gibt auf der Welt eigentlich genügend Nahrungsmittel, um die Menschheit zu ernähren. Doch die Zahl an Hunger leidenden Menschen auf der Welt hat in den letzten Jahren wieder stark zugenommen – in den vergangenen zwei Jahren sogar dramatisch von 650 auf 811 Millionen Menschen. Das ist umso tragischer, als dass die Zahl zuvor über viele Jahre kontinuierlich gesunken war. Die Hoffnung auf ein Ende des Hungers schien plötzlich realistisch. Doch nun schlittert die Welt einer für viele Menschen bedrohlichen Hungerkrise entgegen. Wenn die Weizenvorräte in der Ukraine weiter blockiert bleiben, und wenn nun die neue Saat im Land nicht ausgebracht werden kann, dürfte sich die Lage Prognosen zufolge noch einmal drastisch verschärfen.  

Diese Entwicklung bringt nicht nur immer mehr Menschen weltweit in existenzielle Not. Sie gefährdet – zusammen mit der aktuellen Energiekrise – auch die soziale und politische Stabilität vieler Länder und Gemeinschaften. Nicht zufällig hatte 2010 auch der Arabische Frühling mit Protesten gegen steigende Brotpreise begonnen. Und schon jetzt rumort es in manchen Ländern und gehen Menschen, etwa in Asien, auf die Strasse. 

Hinzu kommen die unberechenbaren und zugleich bereits regelmässig eintretenden Auswirkungen der Klimaveränderung mit Dürren oder Überschwemmungen. Wo Regenzeiten ausfallen und Ernten vernichtet werden, sind Menschen, etwa in Äthiopien oder dem Südsudan, schon jetzt auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, um zu überleben. Doch auch die Welternährungsorganisation kämpft mit steigenden Einstandspreisen für diese Hilfsgüter und ist unter Druck, die benötigten Mengen an Lebensmitteln überhaupt beschaffen und finanzieren zu können; sie hat in einigen Ländern bereits die Rationen verringern müssen. 

Tieferliegende Ursachen und mögliche Lösungswege 

Das Problem, das nun durch die Ernährungskrise so deutlich zutage tritt, hat aber tieferliegende Wurzeln: Das stark globalisierte und industrialisierte Landwirtschaftssystem ist nicht nachhaltig. Sehr viel Getreide wird heute etwa einzig als Futtermittel für die Viehmast angebaut, obwohl sich sehr viel mehr Menschen davon ernähren könnten.   

Lokale Bauern können vielerorts preislich mit ihrer Ware nicht mehr mithalten mit Importprodukten, die auf ertragreiches, aber teures patentiertes Saatgut setzen. So kommt es, dass heute sogar Länder wie der Libanon, die früher selbst Kornkammern waren, heute abhängig von einem volatilen Weltmarkt sind. 

Es braucht in der Ernährungskrise ein vereintes Handeln der Staatengemeinschaft, um ärmere Länder jetzt nicht ihrem Schicksal zu überlassen. Und zugleich ein Umdenken in der globalen Landwirtschaft. 

In diesem komplexen System spielen Nationen, Handelsverbindungen, Grosskonzerne und Börsen eine Rolle – aber auch die Konsumentinnen und Konsumenten mit ihren Entscheiden vor dem Einkaufsregal. Mit den Kaufentscheiden für eine nachhaltige Ernährung, dem Vermeiden von Food Waste, und auch mit ihren politischen Entscheiden an der Urne. 

© Helvetas / Hanspeter Bundi

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